Gmund/Regensburg, 20. Oktober 2012 (red/cm) Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet haben sich ĂŒber die Jahre zu einem florierenden GeschĂ€ftsmodell entwickelt. Die Masse an aufstrebenden Kanzleien hat aber dazu gefĂŒhrt, dass der Kuchen unter vielen aufgeteilt werden muss. Eine Kanzlei aus Regensburg versucht es nun mit dem Porno-Pranger.
Dem istlokal-Mitglied Stefan Aigner von Regensburg-Digital ist die Regensburger Kanzlei Urmann + Collegen wohlbekannt. Nicht etwa, weil Aigner mit dieser eine Auseinandersetzung hĂ€tte. Vielmehr weil die Kanzlei mit abertausenden BundesbĂŒrgern Auseinandersetzungen hat. Seit die erste Abmahnung fĂŒr eine Urheberrechtsverletzung in einer Tauschbörse in deutschen BriefkĂ€sten gelandet ist, findet man die Kanzlei ganz vorne dabei.
Wobei ganz vorne eingeschrĂ€nkt werden muss. Bewegt man sich – damals wie heute – durch die Foren abgemahnter Internetnutzer, so gewinnt man vor allem einen Eindruck: PrimĂ€r verschickt die Kanzlei U+C Abmahnungen fĂŒr Urheberrechtsverletzungen an pornografischen Filmwerken. Beide Seiten, abmahnende Urheber wie abgemahnte Internetnutzer, sind in der Vergangenheit oft zu Wort gekommen. Das Ergebnis blieb ernĂŒchternd.
Schwere GeschĂŒtze – Der Online-Pornopranger
Mit einer neuen Methode hat die Kanzlei vor einigen Wochen jedoch fĂŒr erhebliches Aufsehen gesorgt. GestĂŒtzt auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts wollte man eine Art Online-Porno-Pranger etablieren. Auf diesem sollten Daten von Gegnern der Kanzlei auftauchen.
Namen und die vorgeworfene Rechtsverletzung. Anders ausgedrĂŒckt: Hans MĂŒller aus Musterstadt hat den Pornofilm „X“ verbreitet und dadurch die Urheberrechte verletzt. Die Idee hinter der Datenbank: Man wolle mit einer Gegnerliste werben.
TatsĂ€chlich ist es beeindruckend, dass die Kanzlei gegen 150.000 Filesharer vorgeht. Allein in diesen Angelegenheiten. Doch wer soll sich umworben fĂŒhlen, wenn man lesen kann welche Person einen urheberrechtlich geschĂŒtzten Pornofilm angeblich verbreitet hat? Eine Frage, die zum Nachdenken angeregt hat.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts – Eine Detailfrage
Wer sich diese Frage stellt, argumentiert natĂŒrlich sofort mit dem Bundesverfassungsgericht. SchlieĂlich hat dies die Verbreitung von Gegnerlisten zu Werbezwecken genehmigt. Doch das Urteil ist mehr als nur einen Blick wert. Es geht darin nĂ€mlich nicht um Privatpersonen. Max Mustermann aus Buxtehude sucht man vergeblich.
Es geht um groĂe, international agierende Konzerne die tagtĂ€glich im Licht der Ăffentlichkeit stehen – und entsprechend darauf vorbereitet sind. Die Preisgabe von Daten einer Privatperson, die angeblich einen Pornofilm verbreitet hat und dadurch Urheberrechte verletzt, fĂ€llt nicht in diese Kategorie.
Im Gegenteil: Die Konsequenzen einer solchen öffentlichen BloĂstellung sind kaum abschĂ€tzbar. Der Pranger wurde medienwirksam angekĂŒndigt. So mancher hat sich vielleicht schon die HĂ€nde gerieben. Ob der Nachbar wohl dabei ist? Kaum vorstellbar, wenn die Listen tatsĂ€chlich online gehen wĂŒrden. Die Titel solcher Filme sind meist sehr direkt. Vorsichtig formuliert. Eine Stigmatisierung ginge praktisch automatisch damit einher.
AnwÀlte & Gerichte haben das Problem erkannt
Lawblogger & RechtsanwĂ€lte wie Udo Vetter, Christian Solmecke und Thomas Stadler halten das Vorhaben der Kanzlei fĂŒr rechtswidrig. Bisher teilt auch die Justiz diese Ansicht. „Gegner“ der Kanzlei sind mit Einstweiligen VerfĂŒgungen gegen eine Veröffentlichung ihrer Namen sowie der streitgegenstĂ€ndlichen Werke vorgegangen – mit Erfolg.
Die Kanzlei Urmann + Collegen will von den PlĂ€nen indes nur ungern ablassen und prĂŒfe rechtliche Möglichkeiten, das Vorhaben doch noch in die Tat umzusetzen. Der Ausgang der Sache ist somit vorerst offen.
Dennoch kann bereits jetzt ein Fazit fĂŒr journalistische Angebote gezogen werden. Namen von abgemahnten Privatpersonen zu veröffentlichen, ist nicht tragbar. Vor allem wenn deren Schuld vor Gericht nicht erwiesen wurde. Aber diese ethische Erkenntnis ist vielen Journalisten bereits bekannt. Wie es mit solcherlei Erkenntnissen in der juristischen Zunft steht, wird man sehen.
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