Mannheim/Gmund, 03. Februar 2017. (red/pol) Fast alle lokalen und regionalen Blogs verzichten auf Paid-Content – dabei ist der Markt reif dafür. Lösungen von der Stange helfen allerdings nicht weiter – es muss individuelle Konzepte geben. Hardy Prothmann stellt für das Rheinneckarblog.de die aktuelle Entwicklung dar.
Von Hardy Prothmann
Im Sommer 2016 fiel die Entscheidung, als eines der ersten regionaljournalistischen Blogs in Deutschland Paid-Content einzuführen. Ein erster Anlauf mit einem Anbieter scheiterte – am Anbieter.
Kurz darauf sind wir mit dem österreichischen Startup Selectyco handelseinig geworden. Nach einer Registrierung erhält ein User 2,50 Euro Startguthaben (zu unseren Lasten, die ersten 2,50 Euro gibt es also keine Auszahlung). Danach muss der Kunde sein Konto individuell aufladen und zahlt für einzelne gebührenpflichtige Artikel.
Gute Entwicklung – aber auch „Konflikte“
Es dauerte rund zwei Monate bis die Umsätze der „Cash“-Zahlungen großer als die der „Gratis“-Zahlungen waren. Die Umsätze stiegen – freilich auf einem Niveau, das weit jenseits einer Vollfinanzierung ist. Das ist auch nicht das Ziel – die Selectyco-Einnahmen sollen eine Säule der Einnahmenseite sein. Werbeeinnahmen bleiben die wichtigste Säule.
Mit dem Angebot gab es aber einen Konflikt mit einer weiteren Säule – den Förderkreiseinnahmen. Wieso sollte uns jemand fördern, der bislang freiwillig gezahlt hat? Aus Überzeugung? Wir hatten allen Förderern, deren Förderzeitraum noch lief, angeboten, das Geld auf einen Mediepass für 10 Euro pro Monat bei Selectyco umzubuchen. Und siehe da: Ein Teil der Förderer wollte das, der überwiegende Teil lehnte ab und meinte: „Wir fördern weiter und zahlen.“
Trotzdem gab es einen Knick – keinen großen, aber im Vergleich zu Vorjahren erkennbaren: Bei neuen Fördermitgliedern. Was tun?
Die Lösung
Wir haben dann mit Selectyco eine weitere Option verhandelt: Förderer, die neu dazu kommen und das möchten, erhalten einen Selectyco-Pass, den wir Förderkreispass nennen und haben ab einem Jahresbeitrag von 60 Euro Zugriff auf alle kostenfreien Artikel. Und jetzt richtete sich der Knick auf und zeigte nach oben. Wir haben seit dem Angebot so viele neue Förderer gewonnen wie noch nie zuvor. Intern rechnen wir mit Selectyco so ab, als würden die Kunden einen Mediapass für 5 Euro kaufen.
Die Zahlung des Förderkreispasses erfolgt auf Rechnung durch uns – Selectyco rechnet dann eine Gebühr mit uns ab. Wir vermuten, dass unsere Marke Rheinneckarblog.de bei der Leserschaft besser wirkt, da Selectyco noch zu unbekannt ist.

Einfach per Widget zu bedienen – Teaserlänge nach Wörtern bestimmen, Preiskategorie auswählen, Zeitraum ist auf 45 Tage eingestellt und kann individuell angepasst werden.
Dieses Angebot gilt allerdings nur für Privatkunden. Firmenkunden und Behörden zahlen 10 Euro pro Mitarbeiter. Auch hier haben wir erfolgreich mit Selectyco verhandelt – damit die Mitarbeiter nicht privat zahlen müssen, können diese bei Selectyco gemeldet werden. Dort wird dann eine Sammelrechnung erstellt.
Sehr gute Zusammenarbeit
Hier möchte ich betonen, wie wirklich sehr gut die Zusammenarbeit mit Selectyco läuft. Das ist ein sehr engagiertes Team, das bereit ist, schnell und flexibel auszuprobieren, was geht. Rheinneckarblog und Selectyco freuen sich über sprunghaft angestiegene Umsätze, die zwar immer noch nur einen Teil der Einnahmen bringen, aber wenn sich das so weiter entwickelt, einen durchaus ordentlichen Betrag einbringt.
Unser Modell sieht vor, dass wir nur eigene Stories bepreisen – aktuell noch nicht alle, aber mit dem Ziel, alle zu bepreisen. Im Januar waren das 42 von 343 veröffentlichten Artikeln, die wir für 0,29 oder 0,39 Euro anbieten. Jemand, der alle liest, zahlt zwischen rund 12 und 16 Euro bei Einzelabruf. Ein Förderkreispass lohnt sich also allemal und gibt das gute Gefühl, uns zu unterstützen – was ja auch der Fall ist.
Einen Einbruch bei den Zugriffszahlen können wir nicht feststellen – denn die Artikel sind ja anlesbar und die wichtigsten Kerninfos sind frei erhältlich. Wer die ganze Story will und vor allem unsere Einordnung, der muss zahlen.
Ausblick
Wichtig ist die ausführliche Erläuterung, warum wir Gebühren erheben. Dazu geben wir in gebührenpflichtigen Artikeln einen Hinweis und verlinken auf die Förderkreisanmeldung. Seit wir das machen, haben wir einen klaren Effekt beobachten können, dass die Anmeldungen steigen.
Den „Google“-Leser wird man eher nicht für einen Förderkreispass gewinnen können – vielleicht für eine schnelle Spende über Paypal, was wir auch weiterhin anbieten. Interessant: Rund 15 Prozent der Förderkreispass-Käufer zahlen eh über Paypal. Das kostet zwar nochmals Gebühren, aber Umsatz ist Umsatz.
Die treuen Leser aber verstehen mehr und mehr, dass Journalismus Geld kosten muss – damit man gute Qualität abliefern kann. Ein Paid-Content-Angebot zeigt zudem auch, dass man Selbstbewusstsein hat und seine Leistung nicht verschenkt. Da mittlerweile im ganzen Markt die Pay-Angebote zunehmen, kann man zwar darauf hoffen, mehr Reichweite zu erhalten – Geld hat man damit aber noch keins verdient.
Wir experimentieren weiter und wollen auch Formate ausprobieren, die dann sogar bis zu 0,99 Cent pro Abruf kosten. Ob das klappt? Keine Ahnung, das müssen wir ausprobieren.
Kunden von Istlokal können sich mit Hardy Prothmann in Verbindung setzen, um kostenfrei Einzelheiten zu besprechen. Andere Anbieter erhalten auf Anfrage ein Beratungsangebot.
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