Passau/Köln, 14. MĂ€rz 2011. Am Dienstag, den 15. MĂ€rz 2011 steht Hubert Denk, Herausgeber des Passauer Magazins BĂŒrgerblick, vor dem Oberlandesgericht Köln. Er wehrt sich in mittlerweile zweiter Instanz gegen einen Maulkorb, den der millardenschwere Konzern von Europas gröĂtem Laborarzt, Dr. Bernhard Schottdorf, gegen ihn erwirkt hat.
Per Einstweiliger VerfĂŒgung des Landgerichts Köln wurde ein kompletter Bericht Denks zu einem Prozess gegen einen ehemaligen Schottdorf-Partner verboten. Strafandrohung: Bis zu 250.000 Euro, ersatzweise zwei Jahre GefĂ€ngnis.
Ein kompletter Artikel wird verboten
Das Verbot ist bizarr: Nicht einzelne Aussagen oder Behauptungen wurden verboten oder als falsch angegriffen. Sondern der Artikel in seiner Gesamtheit soll den Eindruck erweckt haben, dass Parteispenden von Bernhard Schottdorf mit der Absicht geflossen sein sollen, die Ermittlungen gegen ihn zu bremsen.
Dabei hat Denk lediglich einen Kripo-Beamten zitiert, der bei der Gerichtsverhandlung als Zeuge ausgesagt hatte. Denks Prozesskosten liegen mittlerweile weit jenseits der 10.000 Euro.
Das Journalisten-Netzwerk istlokal.de sieht im Vorgehen Schottdorfs gegen den freien Journalisten Hubert Denk einen weiteren traurigen Höhepunkt bei der immer beliebteren Praxis finanzkrÀftiger Unternehmen und Institutionen kritische Berichterstattung per Kostenkeule zu unterbinden.
Allein die fĂŒr den Passauer Journalisten kostentreibende Wahl des Gerichtsstands Köln spricht BĂ€nde. Dass ein ganzer Artikel verboten wird, ohne dem betroffenem Journalisten auch nur irgendeine Falschbehauptung nachzuweisen, ist beispiellos. FĂŒr den erweckten Eindruck ist nicht Hubert Denk verantwortlich, er mag sich einem unbedarften Betrachter einfach aufdrĂ€ngen.
Ein kurzer Abriss zum Hintergrund:
Bereits seit Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen Bernhard Schottdorf. Mit umstrittenen Rabatten und versteckten Provisionen konnte sein Labor-Konzern deutschlandweit an die 10.000 Ărzte als Partner anwerben. Einer dieser Schottdorf-Partner, ein MĂŒnchner Heilpraktiker, wurde im Vorjahr vom Landgericht MĂŒnchen wegen Betrugs verurteilt.
Den GroĂteil seiner Erlöse hat der Heilpraktiker, wie die MĂŒnchner Richterin im Urteil feststellte, durch das System Schottdorf ergaunert, von dem beispielsweise angeregt wurde, bei den Laborbefunden seiner Patienten mehr Parameter abzufragen als nötig gewesen wĂ€re. Das MĂŒnchner Urteil dĂŒrfte ein wichtiger Baustein fĂŒr die Ermittlungen und einer Anklage gegen Schottdorf sein, die wohl nur noch eine Frage der Zeit ist.
Beamte einer Sonderkommission des Landeskriminalamts fĂŒhrten bei der Verhandlung in MĂŒnchen aus, dass ihre Arbeit noch nie so sehr behindert worden sei, und beklagten, dass man ihre SOKO systematisch abgebaut habe. Druck âvon obenâ wurde vermutet.
Im selben Atemzug berichtete ein LKA-Mann, dass bei den Hausdurchsuchungen in mehreren Immobilien Schottdorfs ein persönliches Schreiben an den damaligen MinisterprĂ€sidenten Edmund Stoiber gefunden worden sei, mit dem Hinweis auf einen beigefĂŒgten Scheck. Es handelt sich um eine legale Parteispende, die aber eben dem MinisterprĂ€sidenten persönlich zugestellt worden war.
Nichts anderes hatte Denk im BĂŒrgerblick und im Internet berichtet. Prompt folgte die juristische Keule aus dem Hause Schottdorf. Denk wĂŒrde den Eindruck vermitteln, Schottdorf habe Stoiber geschmiert. Das Landgericht Köln gab Schottdorf recht.
FĂŒr die zweite Instanz hat Schottdorf nun Dr. Peter Gauweiler engagiert. Der ehemalige CSU-StaatssekretĂ€r ist als konservativer Hardliner bekannt und sitzt als Bundestagsabgeordneter im Ausschusses fĂŒr Kultur und Medien, dessen stellvertretender Vorsitzender er ist.
Termin fĂŒr das BĂŒrgerblick-Verfahren am Kölner Oberlandesgericht: Dienstag (15. MĂ€rz) um 10.15 Uhr.
Nachtrag:
Eine Anfrage der GrĂŒnen an die Bayerische Staatsregierung hat die Spenden aus den Jahren 2004 und 2005 (insgesamt 20.000 Euro) und das Schreiben Schottdorfs an Stoiber ĂŒbrigens bestĂ€tigt. Ebenso bestĂ€tigt das Bayerische Justizministerium, dass die Sonderkommission in Sachen Schottdorf (âSOKO Laborâ) von Juni 2007 bis Februar 2008 von zunĂ€chst 17 auf fĂŒnf Beamte reduziert wurde.
âEin Eingriff in die Ermittlungen, insbesondere auf den Bestand und die Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten, fand und findet nicht statt. Die verfahrensrelevanten Entscheidungen wurden von den dafĂŒr zustĂ€ndigen Staatsanwaltschaften getroffenâ, schreibt das Justizministerium weiter. Daraus mag sich jeder seine Meinung bilden. Das ist schlieĂlich nicht verboten.
Material:
Pressemitteilung von istlokal.de, 14. MĂ€rz 2011
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